Appell  "PRO LEIPZIG"

Getragen vom gemeinsamen Anliegen,
daß die zukünftige Entwicklung Leipzigs nur aus einer der Stadt eigenen, über
Jahrhunderte unverwechselbar ausgeprägten Identität heraus erfolgen kann,

wenden wir uns im Ergebnis einer Tagung von Abgeordneten und engagierten
Bürgern am 21.2.1991 an Politiker, Fachleute, vor allem aber an die Bürger
Leipzigs und all jene, die der Stadt helfen wollen und erklären :

1. Die unverwechselbaren Bau- und Kulturtraditionen, die heute noch den
   gewachsenen städtischen Organismus von Jahrhunderten erahnen lassen,
   verpflichten uns, auf sinnvolle Weise dieses Erbe in die Zukunft
   fortzuschreiben.

2. Leipzig war geschätzt durch sein Eigenleben. Aus dem Zusammenwirken einer
   reichhaltigen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Kunst in ihrer land-
   schaftlichen Prägung erwuchs die Kraft für eine kontinuierliche Stadt-
   entwicklung.

3. Der Leistungswille und die Aufgeschlossenheit der Leipziger Bürgerschaft
   inspirierte namhafte Persönlichkeiten und beförderte die schöpferische
   Atmosphäre der Stadt. Kaufleute, Bankiers und Verleger brachten sich durch
   wirtschaftliche Leistung und gemeinnützige Stiftungen zum Wohle Leipzigs
   und seiner Bürger ein.

4. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das städtische Potential gravierend
   geschädigt. Politischer Unverstand, Kriegszerstörung, Abbruch, Verwahrlosung
   und verfehlte sozialistische Baupolitik haben eine akute Notlage herauf-
   beschworen. Alte Strukturen, die diesen historischen Tiefpunkt herbeigeführt
   haben, sind noch nicht überwunden, behindern Investitionen und engagierten
   Neubeginn.

5. In dieser bedrückenden Lage müssen neue Kräfte zur Belebung der Stadt
   erweckt werden, damit die Bürger mit Sachkenntnis, Umsicht, Beharrlichkeit
   und dem gesunden Selbstbewußtsein leben, daß sowohl sie als auch die Kommune
   die Zukunft selbst mitgestalten können.

6. Leipzig hat durch seinen Bürgerwillen europäische Geltung wiedererlangt.
   Diesem Drang der Bürger, sich mit der Stadt wieder identifizieren zu können,
   gilt unser Anliegen.

Trotz der akuten ökonomischen und sozialen Probleme sollten die verpflichtenden
Traditionen und die zukünftigen Chancen alle Bürger ermutigen, die Kraft zu
weitsichtigem Handeln zu finden. Leipzig braucht dringend ein Gesamtkonzept,
mit dem sich Bürger und Fachleute gleichermaßen identifizieren können.
Dazu bedarf es uneingeschränkter Öffentlichkeit.

Damit das Konzept der Stadt Leipzig mit Leben erfüllt werden kann, halten wir
es für unverzichtbar, daß Sachverstand und Aktivitäten der Bürger in ihrer
unmittelbaren Lebensumwelt gefördert werden. Daher regen wir an, die stadtteil-
bezogenen Bürgervereinigungen und -initiativen in ihrem Bemühen zum Aufbau der
dezentralen und Infrastrukturen zu unterstützen.
Wir wollen, daß die Stadtgebiete wie Gohlis und Plagwitz, Waldstraßen- und
Musikviertel, Lindenau und Leutzsch zusammen mit einem neuen, unverwechselbaren
Stadtzentrum und der einmaligen Fluß-Auen-Landschaft wieder eine organische
Einheit bilden. So wird Leipzig im Schnittpunkt europäischer Handels- und
Kommunikationswege selbst wieder zu neuer Blüte finden.

Unterzeichner des Appells :
Heinz-Jürgen Böhme, Gunter Böhnke, Matthias Brech, Joachim Fischer, Friedbert
Groß, Dr.Peter Guth, Hans-Georg Krämer, Bernd-Lutz Lange, Detlef Lieffertz,
Gudrun Neumann, Wolf-Dieter Rost, Bernd Sikora, Angela Wandelt, Wieland Zumpe


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